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Archiv November 2012:

Also dieser Devin


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Im Jahre des Herrn 1993 berief Gitarrengott Steve Vai einen exzentrischen jungen Herrn an das Mikro seiner hauseigenen Band, von dem damals wohl selbst Experten des Fachs noch nie etwas vernommen hatten. Er hörte auf den Namen Devin Townsend, war seines Zeichens Kanadier, selbst ein begnadeter Virtuose an der musikalischen Axt und fiel zunächst durch betont extravagante Auftritte sowie ebenso betont unmelodischen, agressiven Gesang auf Vai's zeitgenössischem Album "Sex and Religion" auf. 

Billige Provokateure gab es zu dieser Zeit reichlich, und da Vais Musikstil nicht der meinige war (und ist) tat ich seinerzeit diese Neuentdeckung mit einem Schulterzucken ab.

Erst 1997 liefen Devin und ich uns wieder über den Weg in Form des Titels Life seines damaligen Soloprojektes "Ocean Machine", einer bombastischen Progressive-Rock-Laudatio an die Tonart Dur überhaupt, welche mir auf einem Sampler unverhofft entgegenkam. Billiger Provokateur? Vielleicht, aber musikalisch was zu sagen hatte er ja vielleicht trotzdem. Das zugehörige (Konzept-)Album hielt was der Auskopplungs-Track versprach und Devin machte erste Punkte bei mir gut.

Ab nun sollte der exzentrische Junge Herr Jahr für Jahr Album um Album ausspucken und damit eine schier unglaubliche Produktivität an den Tag legen. Und das nicht nur unter dem eher progressiv ausgerichteten Label "Devin Townsend Band/Project", sondern auch im Seitenprojekt "Strapping Young Lad". welches auf eher derbere Kost ausgerichtet ist. 

Langsam aber sicher erarbeitete er sich so seinen Ruf, ebenso wie beispielsweise Steven Wilson oder Arjen Lukassen, zu jenem erhabenen Kreis musikalischer Workaholic-Ausnahmetalente zu gehören, die sich durch enormen Output, Verspieltheit wie auch technischer Finesse auszeichnen, eine Kategorie die irgendwie symptomatisch für den Progressive Rock ist.

Wie will man seine Musik bezeichnen? Sie ist progressiv im eigentlichen Sinne des Wortes indem sie versucht neue Möglichkeiten auszuloten. Und das tut sie indem der Meister die Scheuklappen zu sämtlichen musikalischen Stil-Richtungen fallen lässt, beispielsweise Blastbeats mit hymnisch-schwülstigen Melodielinien kombiniert, oder kein Problem damit hat mit schweren Gitarren in seichtesten Rock/Pop-Gefilden zu wildern. Das ganze kommt selten ohne eine saftige Extraportion Pathos aus, der jedoch grundsätzlich mit ausreichend Selbstironie serviert wird um das Ganze ruhigen Gewissens genießen zu können.

Vor einigen Tagen hatte ich dann die Ehre den Meister zum ersten Mal live zu Gesicht zu bekommen. Da ich mir erst Ende 2011 das damals frischeste Album "Deconstruction" zugelegt hatte war ich eigentlich recht zuversichtlich auch noch für das Konzert auf dem neuesten Stand zu sein. Ein kurzer Check auf Devins auch ansonsten sehenswerter Website belehrte mich jedoch eines besseren. Seitdem waren nicht weniger als zwei weitere neue Alben entstanden...

Und das Konzert? Was soll man sagen, der Mann ist einfach ein großes, ironisches Gesamtkunstwerk, seine Auftritte  Performances eines Typs der aus dem Stand heraus den Superbösewicht im nächsten Bond-Streifen mimen könnte. Wie dieser Kerl da steht in seinem schwarzen ... Weltraum-"Maßanzug", dessen Gesichtszüge keine Sekunde stillstehen und der geradezu besessen mit dem Publikum rumschäkert. Während das Schlagzeug von Achtel- auf stürmische Sechzehntel-Beats wechselt werden auf der Leinwand im Hintergrund Videos von schreienden Sesamstraßen-Handpuppen und aufreizend tanzenden Grizzlybären abgespielt (nein, ich hatte keine Drogen genommen...glaube ich...). Als geradezu ironischen Konstrast wird der Meister von seinem zweiten Gitarristen und dem Bassisten flankiert, zwei Typen mit langen ZZ-Top-Bärten die bei alledem keinerlei Miene verziehen.

Ja. Wer das Exzentrische nicht mag der macht wohl besser einen großen Bogen um diesen Künstler. Alle anderen seien aber ermutigt zumindest mal reinzuschnuppern.


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