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Aeverisiert

theharvestep_frontcover-f89b33fb.jpgIch muss sagen, das gibt mir zu denken. Ich habe die vier Songs in ihrer Entstehungszeit bereits in diversen Fragmenten und Entwicklungsschritten kennen gelernt, kannte die Melodien, die Riffs und damit natürlich auch die musikalische Marschrichtung die irgendwo im Gothik-affinen Melodic Hard Rock bis Metal liegt. Da diese nicht wirklich in meinem Territorium wildert muss ich zugeben, dass mich zwar die Professionalität und Beharrlichkeit, mit welcher die Jungs (und natürlich das Mädel) von Aeverium hier aus dem Nichts heraus ein ambitioniertes Bandprojekt aufbauten absolut beeindruckt hat, ich aber nie wirklich erwartet hatte, dass mir der Output allzu sehr liegt.

Jetzt halte ich die fertige "Harvest-EP" in den Händen. Die Songs sind bei mir seit vier Tagen auf Heavy Rotation, gehen mir kaum noch aus dem Kopf. Was ist da passiert?
Von den Dingen die mir Michael, der Gitarrist von Aeverium, über die Produktion des Erstlingswerks erzählt hat während es noch ein "Work-In-Progress" war, sticht für mich eines besonders hervor: Sound-Recording und -Mix von Gesang ist wohl noch einmal eine ganze Spur schwieriger und problematischer als dasselbe bei den Instrumenten. Jeder der einmal versucht hat, eine halbwegs professionell klingende Sprachaufnahme für beliebige Zwecke zu realisieren wird wissen was ich meine. Selbst bei semi-professionellen Recordings klaffen deutlich wahrnehmbare Welten zu einem wirklichem Spitzen-Produkt, was sich auf die Wirkung beim Hörer unweigerlich niederschlagen muss. 

Nicht umsonst haben sich Aeverium mit Amanda Sommerville (Avantasia, Trillium) außerordentlich professionelle Unterstützung für diese Aufgabe gesichert. Der beste Beweis für den Lohn dieses Aufwands sehe ich in meiner eigenen Wahrnehmung der Songs nach finalem Vocal-Recording. Aeverium haben in ihren Stimmen ein Pfund mit dem sich wuchern lässt. Und diese kommen jetzt dank ausgezeichneter Aufnahmequalität erst wirklich für mich zur Geltung, was für Aevas klaren, akzentuierten, hörbar geschultem Gesang gilt, sicherlich aber auch für Marcel, über dessen Qualitäten als Studio-Vocalist man nur staunen kann. Dass er live in der Lage ist, das Publikum zu rocken steht außer Frage, davon konnte ich mich schon mehrfach überzeugen. Um aber zu erkennen, was für ein außergewöhnliches Organ er wirklich hat, dafür brauchte zumindest ich Banause jetzt diese Aufnahme. Sein voller Bariton hat es gar nicht nötig, gezielt mit Pathos um sich zu werfen, der wirkt auch so. Mal melancholisch getragen, mal sinister, auch mal mit Shouts wenn es angebracht ist.

Und jetzt wo die Stimmen richtig zur Geltung gebracht wurden ist auch der Rest plötzlich da: Die wirklich tollen, ausgearbeiteten Gesangslinien, druckvolle Gitarre, eine Rhythmus-Sektion die keine Soundlöcher offen lässt, alles abgerundet von kreativen Keyboard-Fills und -Effekten welche die Spannung hochhalten, dabei aber nie zu aufdringlich sind. War alles schon früher da, nur ich hab vorher konsequent daran vorbeigehört. Idiot, ich.

Und ganz nebenbei finde ich ist die Mischung an Songs auf dieser EP noch perfekt zu nennen. Mit "Do you remember" geht es erstmal in Punkto Power-Riffs richtig zur Sache, gefolgt vom eher straighten Rocker "Rest in peace". Das dritte Stück "Heavens Burning" schliesslich ist eines jener mit Gothik-Attitüde gewürzten, eingängigen Stücke die auch schon Gruppen wie H.I.M. und Oomph! wertvolles Airplay beschert haben. Konsequenter Weise gibt es hierzu auch Aeveriums erstes Video. Warum sollte das also nicht auch hier klappen? Abgeschlossen wird die EP von der Ballade "Ground beneath your Feet", in welcher Aeva alleine mit einer einfach nur ausnehmend schönen Gesangsmelodie glänzen darf.

Na, neugierig geworden? ;) Natürlich kann ich in diesem Fall nicht vollkommen objektiv sein, dennoch musste auch mich diese Musik erstmal gewinnen. Das hat sie mit fliegenden Fahnen getan, jetzt seid ihr dran. Schaut auf aeverium.com, was es da alles zum Reinschnuppern gibt, z.B. das Video oder auch die Appetithappen der Songs in iTunes. Die EP gibt es für lachhafte Fünfneununeunzich auf der Band-Site selbst, oder halt bei iTunes zum Download. Für jemanden der Internet-Shopping mit Amazon gleichsetzt: Ja, da geht's auch, beides sogar. Wenn's euch gefällt, vielleicht sehen wir uns dann ja sogar am 24. Januar wenn Süchteln brennt. Ich darf nicht allzu viel verraten aber für ihr Live-Debüt planen die Jungs (und natürlich das Mädel) uns ein Bisserl' was Besonderes zu bieten. Ich jedenfalls bin irre gespannt und muss die verbleibende Zeit mit vier Songs in Dauer-Repeat überbrücken...
Kommentare:

Guido Donnerstag 12. Dezember 2013, 20:55

Mannomann, vielen Dank für den Tip. Und nicht nur, dass Du den Tip geliefert hast, ich bin auch wirklich nicht sicher, ob ich ohne die *hust* subtile Lenkung des Augenmerks auf die Gesangs-feinheiten wirklich gemerkt hätte, wie gut mir diese vier Songs gefallen und dass es auch nach dem x.ten Mal noch etwas zu entdecken gibt.
Ich würde ja sagen, die Band spielt mit den Klischees des Genres (wenn die Floskel nicht auch ein Klischee wäre)...
Schon die Bandauswahl auf der Homepage musste mich begeistern (ausser naja, wer würde sich bei klarem Verstand freiwillig mit Rammstein vergleichen?), aber was der dicke Junge und das schrille Mädchen da trällern, ist wirklich nicht von schlechten Eltern.
Tröstet mich auch mal ein paar Tage über meine Musik-sinnkrise hinweg.
Und die Jungs (und natürlich das Mädel) kennst Du also aus der Nähe, sind aus der lower rhine area?

Oliver Freitag 13. Dezember 2013, 09:45

Jep, Teile der Band rekrutieren sich aus meinem Freundeskreis, daher hatte ich schon während der Produktion einen recht guten Draht. Schön dass es dir gefällt! Vielleicht überschneidet sich ja mal einer deiner Besuchstermine mit einem Gig, derer es hoffentlich bald einige geben wird. An den Jungs (und natürlich dem Mädel) soll es nicht liegen...

Ingo Freitag 13. Dezember 2013, 21:40

Hmm... liegt vielleicht an einer allergischen Grundreaktion bei mir, wenn Metal mit Keyboard zusammengebracht wird (vermutlich hab ich Europe in den 80ern einfach nicht richtig verarbeiten können...). Es könnte auch daran liegen, dass Bombast Metal im Moment das genaue Gegenteil von den ist, was mir aktuell an Musik am Herzen liegt. Vielleicht liegt es auch daran, dass der durchaus deutlich produzierte Gesangskollege zwar ca. 3 verschiedene Stimmlagen intoniert, mir aber bei jeder die Frage aufkommt, wo ich die schon mal gehört habe (bei der Dame hab ich in dem Zusammenhang keinerlei Probleme, sie ist angenehm in den Hintergrund produziert (nicht absolut, aber im Verhältnis zum Sänger) -- und ergänzt die Musik durchaus). Vielleicht aber liegt es auch daran, dass irgendwie kein Geld mehr für das Video übrig war, als die Gesangsspuren erledigt waren. Man weiss es nicht genau. Jedenfalls (be-)rührt mich beim hören irgendwie nichts. Aber wie gesagt, im Moment wahrscheinlich für mich zu verkopft. Im Moment muss es für mich reine Sackmusik sein. Alles andere strengt mich eher an.

Es ist auf jeden Fall bemerkenswert, dass die Kollegen technisch sehr versiert sind, und trotzdem ihre Musik mit Leidenschaft und Leben füllen. Alleine dazu applaudiere ich.

Und eine schöne Rezension war es auch. Hab mich gefreut, nach langer Zeit mal wieder einen längeren Text von Dir zu lesen. Die kurzen Schnipsel auf den Anti-Social-Networks sind auf Dauer schwer zu ertragen.

Ingo.

p.s.: ... warscheinlich ist es das Keyboard. Das ist irgendein Trauma... krieg ich kaum los...

p.p.s.: man verzeihe mir auch, dass ich "Europe" und "Metal" in einem Satz erwähnt habe. Ich kann es selbst noch nicht fassen.

Guido Montag 16. Dezember 2013, 08:15

@Vorredner: Was ist denn bitte reine Sackmusik?
Die Erwähnung von Europe liess mich schmunzeln da Susanne und ich beim Durchzappen einer 40 jahre Scorpions Doku in das alte Streitgespräch a la "aber der Erfolg gibt ihnen recht" verfielen...
@Oliver: vornehmen kann man es sich ja mal :-)

Micha Dienstag 17. Dezember 2013, 15:42

Ja vielen Dank Olli für die Rezension! Und schön, dass es dich dann doch gepackt hat.
Du bist immer sehr kritisch und ehrlich mit deiner Meinung, daher bedeutet mir diese besonders viel! Ich kanns halt nur nicht in so wohl gewählten Worten ausdrücken wie du hier ;-)

@Ingo,Guido, danke fürs Reinhören.

Ingo Dienstag 17. Dezember 2013, 20:46

@Vor-Vorredner: reine Sackmusik = eine Saite, zwei Töne und die richtige Schwingung (aka 'groove'), und eine entsprechende Lautstärke. Reicht das als Beschreibung? Sackmusik halt.

"der Erfolg gibt ihnen recht": das ist KEIN GRUND! Mit diesem Argument kann man Dinge rechtfertigen, die objektiv zu verdammen sind: Kohl, Merkel, Rolling Stones, und ja... auch die Scorpions.

@Micha: ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass ich nicht ausdrücken wollte, die Musik sei schlecht, technisch unversiert oder mich sonst drüber in irgendeiner Weise lächerlich machen wollte.
Bin selbst Musiker, war auch im Studio und kenne Mühen und Schmerzen von der Idee bis zur Umsetzung von Liedgut. Es erreicht mich halt nicht (zumindest der Track mit Video, die anderen hab ich nicht angehört).

Ich drücke ganz doll die Daumen für den Launch und die kommenden Auftritte.

Micha Mittwoch 18. Dezember 2013, 08:37

@Ingo, na klar. Alles legitim und voll ok ;-) Musik ist halt viel Bauchgefühl und das ist auch gut so. Vielen Dank fürs Daumen drücken ;-) Wir sind sehr gespannt, wohin die Reise gehen wird.

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