--- Vom rechten Umgang ---

atürlich ist es auch dem Whisky nicht ganz gleich, wie er getrunken wird! Mann könnte sonst ja auf den Gedanken kommen, eine Flasche 18jährigen Single Malt in den Kühlschrank zu stecken, bis sich auf dem Glas ein zarter Kondensschleier gebildet hat, ihn dann mit Zitronenscheibe im Longdrinkglas zu servieren und anschließend durch einen Strohhalm einzuschnorcheln. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob das schon einmal jemand ausprobiert hat, aber wenn dem so ist, muß sich die internationale Whisky-Konspiration dafür wohl erst noch eine passende Strafe einfallen lassen...

Oft reicht es auch schon, einen Doppelten "on the rocks" zu bestellen um schiefe Blicke zu ernten. Manche "Experten" sind da sehr sensibel und erheben das Whiskytrinken zur Religion. Ein anderes Problem zum Thema: Es scheint in einigen Kreisen zur Mode verkommen zu sein, mit versonnenem Blick hinter einem gegen das Licht gehaltenen Glas mit goldbraunem Naß zu sitzen und in blumigen Worten und Hörsaallautstärke vom Objekt der Begierde zu schwärmen.

Diese exklusiven Kreise nutzen "Die goldenen Regeln des Whiskygenusses" in der Regel dazu, sich von "Uneingeweihten" zu distanzieren. Mitglieder dieser Spezialisten sind meistens Anhänger einer Art "neukeltischer Rustikal-Subkultur" - sie wissen schon: Die Sorte Leute, die im Irish Pub grundsätzlich so tut, als könnte sie jede gälische Ballade mitsingen (...aber ich schweife ab).

Zählen wir hier einfach einmal auf, was man sich so insgesamt über einen würdigen Umgang mit Whisky erzählt:

Lagerungsort und -dauer Im Grunde gilt hier dasselbe, wie für alle etwas kostbareren Getränke. Ein relativ kühler und nicht gerade sonnenüberfluteter Ort ist ideal. Wer's nicht weit bis zum Keller hat mag seine Reliquien dort auf einem Regal dekorativ anordnen. Ich persönlich halte den Wohnzimmerschrank für keine schlechte Wahl, da ich bis zum Keller einige Treppen zu bewältigen habe.

Ich habe einmal gelesen, daß man eine gute Flasche Whisky nach der Erstöffnung am besten innerhalb eines halben Jahres konsumiert. Ich weiß nicht, wie oft und wieviel sie so über die Woche trinken, ich persönlich gebe mich oft mit nur einem Schluck um des puren Genusses willen zufrieden, und das auch lange nicht täglich. Außerdem kommt dazu, daß ich für gewöhnlich mehrere Flaschen - wenn nicht alle - gleichzeitig angebrochen habe, da ich die Abwechslung liebe. Kurz, diese Altersbeschränkung halte ich für Humbug. Trinken sie soviel, wie ihnen genehm ist. Wenn sie Whisky wirklich mögen wird er schon nicht zu alt werden.

Das Trinkgefäß Wir kennen alle diese typischen Whiskygläser, sogenannte "Tumbler" - voluminäse Glasbecher mit breiter Basis - in denen Whisky normalerweise ausgeschenkt wird. Sie sind im Allgemeinen keine schlechte Wahl. Wer jedoch denkt, daß es grundsätzlich egal ist, wie das Glas geformt ist, aus dem Whisky getrunken wird, dem möchte ich da eher widersprechen. Ich bin da wahrlich nicht penibel, aber Whisky und gerade Scotch als sehr aromatisches, nuancenreiches Getränk braucht ein Gefäß, in welchem sich dieses Aroma richtig entfaltet kann.

Da ist sicherlich auch der Schwenker geeignet, den man für gewöhnlich zu Cognac wählt. Ich persönlich finde Sherrygläser - dies sind quasi Miniaturen von Schwenkern mit bauchigem Rumpf und konisch zulaufender Öffnung - ziemlich ideal, da in ihnen auch der Duft eines Whiskys besonders gut vermittelt wird. Nicht umsonst werden ganz ähnliche Gläser von Blendern (das sind die Personen, die verschiedene Whiskys zu einem Blend "komponieren") benutzt, um einen Eindruck von den einzelnen Abfüllungen zu erhalten. Dort nennt man sie passend "Nosing Glasses". Diese sind inzwischen in diversen Whisky-Versandhandeln auch direkt zu ordern.


Eine andere Schottische Tradition: Spukschlösser
Kilchurn Castle am Loch Awe

Additionen Also, wie bereits erwähnt, ich gehöre nicht zu den Leuten die "Sakrileg!" brüllen, wenn Whisky mit Eiswürfeln getrunken wird. Bei einem Bourbon halte ich das für durchaus geeignet, um seinen eh sehr süffigen Charakter zu unterstützen. Allgemein anerkannt jedenfalls ist es, dem Whisky einen Schuss Tafelwasser (auf Zimmertemperatur!) beizugeben, um seine Aromen besser zu entfalten. Bei Cask Strength-Verprobung rate ich sogar dringend dazu, den Whisky zu verdünnen. Mir kann keiner Erzählen, daß man 70prozentige Spirituosen mit Genuß trinken kann! Alles andere aber sollte bei den besseren Whiskys tabu sein.

Der Genuß Keine Sorge, ich werde ihnen hier nicht erzählen, wie oft sie den Schluck im Mund umzuwälzen haben - einfach nur ein paar Empfehlungen: Sie sollten ihren Whisky auf normaler Zimmertemperatur trinken. Von Kühlung ist abzuraten. Nehmen sie zunächst den Duft des Whiskys auf, um eine Vorstellung von seinem Aroma zu erhalten. Begutachten sie die Farbe der Flüssigkeit (Sie sehen dabei nicht nur professioneller aus - die goldbraune Farbe ist einfach einen Blick wert!), dann nippen sie ein-, zweimal um mit dem Geschmack den Gesamteindruck zu komplettieren. Anschließend kippen sie sich den gesamten Glasinhalt im Sturzverfahren hinter die Binde - nein, im Ernst: Wenn sie es nicht unbedingt darauf anlegen, sich gezielt Alkohol zuzuführen - und darin liegt NICHT der eigentliche Sinn im Trinken von Whisky - dann trinken sie ihn einfach genau so, wie sie es für gewöhnlich mit etwas sehr Kostbarem machen: Langsam und besinnlich!